IB Online (1/1): Eine kleine Netzschau

In der ersten Netzschau im Neuen Jahr geht es um das (vermeintliche) Aussterben des Folterverbots in den USA, Drohnen in Europa, Demokratisierungstrends in den kommenden zehn Jahren, die Finanzierung des UN-Menschenrechtspfeilers und die Konkurrenz zwischen al Qaida und dem Islamischen Staat – auch im Lichte der Anschläge von Paris.

Eric Posner How Norms Die: Torture and Assassination in American Foreign Policy

Eric Posner hat eine Replik zu einem Artikel von Christopher Kutz in der Dezember-Ausgabe von Ethics & International Affairs. Kurz kommt dem Ergebnis, dass die in US-Außenpolitik wohl etablierten Normen gegen Folter und gezielte Tötungen sich im Zuge des War on Terror aufgelöst haben. Posner formuliert drei Kritikpunkte: Erstens, erscheine es so, als ob die Norm gegen Folter nur intakt „wirkte“, solange es keine Sicherheitsbedrohungen für die USA gab; zweitens, gehe Kutz nicht auf die Frage ein, ob bestimmte Normen nur angewandt werden, solange sie von allen Parteien akzeptiert werden; und drittens, hinterfragt er Kurz Annahme, dass gerade in Demokratien „öffentliche Panik“ zur Unterminierung der eigenen Werte führen könne. Der Artikel bezieht die aktuellen Entwicklungen in den USA noch nicht mit ein, und die Reaktionen auf den Folter-Bericht können vermutlich nochmal ein anderes Licht auf die Geltung der Norm in den USA werfen. Gerade wenn sich die scharfe Kritik an den Folterpraktiken unter der Bush-Administration durchsetzt, würde dies gegen die These der Normerosion sprechen.

Deutschlandfunk/Die Zeit Der neue Drohnenkrieg

Deutschlandfunk und Die Zeit haben Zweiteiler zum „neuen Drohnenkrieg“ online. Der erste Teil der Reportage findet sich auf der Website von Deutschlandfunk und kann hier nachgehört werden. Dabei geht es unter anderem um die europäische Dimension und mögliche deutsch-französische Kooperationsprojekte. Dazu gehört außerdem ein Interview mit zwei deutschen Drohnenpiloten bei Der Zeit mit dem Titel „Ich bin kein Computerspieler„.

Dart Throwing Chimp A Forecast of Global Democratization Trends Throughout 2025

Jay Ulfelder geht in seinem aktuellen Blogpost der ambitionierten Frage nach, wie sich Demokratisierungstrends in den nächsten 10 Jahren entwickeln werden. Er skizziert drei Szenarien: Erstens, eine Zunahme von demokratischen Regimen, zweitens bleibt mehr oder weniger alles beim alten und drittens eine Abnahme von demokratischen Regimen. Insgesamt ist sein Ausblick positiv, da er für das dritte, negative Szenario nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit veranschlagt. Allerdings: das wahrscheinlichste Szenario scheinen nur geringe Veränderungen zu sein. Ausführlich geht er dann auf die empirischen und theoretischen Grundlagen seiner Annahmen ein.

Junge UN-Forschung Die skandalöse Unterfinanzierung des UN-Menschenrechtspfeilers

Auf dem Blog der AG Junge UN Forschung geht Carolin Anthes auf die dürftigen 3% des Budgets der Vereinten Nationen ein, die in den Menschenrechtspfeiler fließen. Die Unterfinanzierung steht im starken Kontrast zu den Ambitionen der UN:

Wir beobachten also im Bereich des UN-Menschenrechtspfeilers eine paradoxe Situation, in der ein verstärkter Anreiz vieler Staaten, zu einem effektiveren internationalen Menschenrechtsschutzsystem beizutragen, in der Praxis an mangelnden finanziellen Ressourcen zu zerbrechen droht.

Sie schließt, dass nur eine Aufstockung des regulären Budgets der Vereinten Nationen „den Menschenrechtspfeiler ihrer Organisation vor dem Kollaps bewahren kann“.

Sicherheitspolitik-Blog Das Zünglein an der Waage – AQAH und IS

Auf dem SiPo-Blog geht Behnam T. Said auf die Konkurrenz zwischen al Qaida und dem Islamischen Staat (IS). Diese kam nicht zuletzt im Zuge der Anschläge von Paris zum Ausdruck: Während die Kouachi-Brüder Kontakte zu al Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAH) gehabt zu haben scheinen, hat sich Amedy Coulibaly zum IS bekannt. Beide Organisationen ringen um die Anerkennung und Führerschaft innerhalb des Jidahismus. Für die Entwicklung des Konflikts zwischen al Qaida und IS kommt AQAH eine besondere Rolle zu, wie Said resümiert:

Im Kampf um die Dominanz innerhalb des Jihadismus zwischen AQ und IS ist AQAH das Zünglein an der Waage. Diese Regionalorganisation hat zum einen bereits vor längerer Zeit ganze Territorien im Jemen unter Kontrolle gebracht, zum anderen hat sie mehrmals bewiesen, dass sie willens und potenziell auch in der Lage dazu ist, Ziele im Westen anzugreifen. Mit der Arabischen Halbinsel ist AQAH zudem in einer Region aktiv, die für die Jihadisten aus religiösen und strategischen Gründen eine besondere Rolle spielt.

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